Zusammenfassungen und Abstracts
Zusammenfassungen und Abstracts des laufenden Jahres sind unter "Heft 1" einzusehen.
Heft 1 - 2020
Zufriedenheit in der Partnerschaft und Untreue: Ein Zusammenhang, zwei Richtungen
Christiane Bozoyan · Claudia Schmiedeberg
KZfSS 72, 2020: 1-32
Zusammenfassung: Wie hängen untreues Verhalten in einer Beziehung und die Zufriedenheit mit der Partnerschaft zusammen? Plausibel erscheint zunächst der Einfluss der Beziehungsqualität auf das Treueverhalten: Je unzufriedener ein Partner in einer Beziehung ist, desto eher sucht er oder sie Außenbeziehungen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich die Partnerschaftsqualität oder deren Einschätzung nach der Untreueepisode aus Perspektive des Täters oder der Täterin ebenfalls verändern kann, z.B. aufgrund von durch die Untreue ausgelösten Konflikten und Ehekrisen oder um Gefühle kognitiver Dissonanz zu reduzieren. Anhand von Fixed Effects-Modellen auf Basis der Daten das Beziehungs- und Familienpanels pairfam über den Beobachtungszeitraum 2008-2016 untersuchen wir beide möglichen Wirkrichtungen im Längsschnitt mit ein- und zweijährigem Abstand zwischen den Messzeitpunkten. Es zeigt sich, dass Wechselwirkungen zwischen den beiden Faktoren bestehen, wobei die Auswirkungen von Untreue auf die Beziehungszufriedenheit bei Frauen größer sind als bei Männern. Während der Zusammenhang von Beziehungszufriedenheit und Untreuerisiko eher gering ist, zeigt sich, dass das Risiko fremdzugehen deutlich ansteigt, wenn die Langzeitorientierung in der Beziehung sinkt.
Schlüsselwörter: Untreue · Fremdgehen · Beziehungszufriedenheit · Partnerschaft · fixed-Effects · Panelstudie · pairfam
Satisfaction in Partnership and Infidelity: One Connection, Two Directions
Abstract: How are infidelity and relationship satisfaction connected? The influence of relationship quality on unfaithfulness seems to be obvious: The more unsatisfied a partner feels
in a relationship, the more he or she will look for extra-relational contacts. On the other hand, the unfaithful partner may report a change in his/her relationship satisfaction after being unfaithful, for example due to conflicts and marriage crises triggered by the unfaithfulness or to reduce feelings of cognitive dissonance. Using data from the relationship and family panel pairfam from 2008-2016, we estimated fixed effects models to investigate both possible causal pathways with a longitudinal design and measurement points either one or two years apart. Our results show that both factors interplay, whereas the influence of infidelity on subsequent relationship satisfaction is higher for women than for men. While the effect of relationship satisfaction on acts of infidelity is relatively low, the risk of being unfaithful increases sharply if commitment to the relationship decreases.
Keywords: Infidelity · Cheating · Unfaithfulness · Relationship satisfaction · Partnership · Fixed effects · Panel study · Pairfam
The effect of democratically determined (in)equality on cooperative behavior
Thomas Schlösser · Tim Steiniger · Daniel Ehlebracht · Detlef Fetchenhauer
KZfSS 72, 2020: 33-54
Abstract: We investigate the relationship between democratically determined economic inequality and cooperation in a two-stage experimental design. Although the relationship between inequality and cooperation has been studied extensively, experimental results in this area are contradictory and find inequality to have either a positive, negative or no effect on cooperation. Our participants were randomly assigned to one out of three societal classes (upper class, middle class, lower class) in a simulated small scale society and subsequently voted to implement a societal system in which wealth was distributed either relatively equally or relatively unequally. We find lower levels of cooperation (measured as the invested amount in a public good game) among societies which previously opted for the unequal distribution, but do not observe a general effect of a participant’s personal vote on cooperative behavior. Specifically, middle class and lower class participants in unequal societies cooperate less than their counterparts in the equal societies, causing the observed differences on the societal level. These findings suggest that democratically induced policies that ultimately lead to greater
equality of wealth are potentially able to have positive consequences on the readiness to cooperate for the production of public goods.
Keywords: Inequality · Public good game · Cooperation · Voting · Democratic decisions
Die Auswirkung demokratisch festgelegter (In-) Gleichheit auf das kooperative Verhalten
Zusammenfassung: Diese Studie untersucht den Zusammenhang zwischen demokratisch bestimmter wirtschaftlicher Ungleichheit und Kooperation in einem zweistufigen Versuchsdesign. Obwohl der Zusammenhang zwischen Ungleichheit und Kooperation bereits ausführlich untersucht wurde, sind die experimentellen Ergebnisse in diesem Bereich widersprüchlich. Einige Studien finden einen positiven Effekt zwischen Ungleichheit und Kooperation, andere einen negativen Effekt und einige Studien finden überhaupt keinen Zusammenhang zwischen Ungleichheit und Kooperation. Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer experimentellen Laborstudie wurden zufällig einer von drei Gesellschaftsklassen (Oberschicht, Mittelschicht, Unterschicht) in einer simulierten Kleinstgesellschaft zugeordnet und stimmten anschließend demokratisch für die Umsetzung eines Gesellschaftssystems, in dem der Wohlstand entweder relativ gleichmäßig oder relativ ungleich verteilt wurde. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen ein geringeres Maß an Kooperation in den Gesellschaften, welche sich zuvor für die ungleiche Verteilung entschieden haben. Ein allgemeiner Effekt der persönlichen Wahlentscheidung der Versuchspersonen für ein bestimmtes Verteilungssystem auf das kooperative Verhalten ließ sich jedoch nicht beobachten. Insbesondere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mittelschicht und der Unterschicht in ungleichen Gesellschaften kooperierten weniger als die Teilnehmer der gleichen Klassen in gleicheren Gesellschaften, was zu den beobachteten Unterschieden auf der Aggregatebene führte. Diese Ergebnisse deuten potenziell an, dass demokratisch induzierte politische Maßnahmen, welche zu mehr Gleichverteilung von Wohlstand führen, die Bereitschaft zur Kooperation hinsichtlich der Produktion von öffentlichen Gütern fördern kann.
Schlüsselwörter: Ungleichheit · Öffentliches Gut Spiel · Kooperation · Wahlverhalten · Demokratische Entscheidungen
Not Just a Matter of Access: Are Social Inequalities in Student Employment Affected by the Local Labour Market?
Marita Jacob · Maria Gerth · Felix Weiss
KZfSS 72, 2020: 55-81
Abstract: This article examines class-specific employment patterns among students in Germany, taking into account how different local labour market conditions affect the quantity and quality of jobs available to students. We argue that the availability of jobs affects social inequalities in student employment. In particular, we expect a stronger correlation between, on the one hand, the rate and quality of student employment and, on the other hand, students‘ socioeconomic background in towns with a large pool of student labour, due to more competition for (good) jobs. Analysing data from German student surveys, we find that employment rates do not differ by social class background, but there are differences in the quality of their employment in terms of the fit between the job and the field of study. While we find that local labour market conditions affect student employment at a general level, in contrast to our expectation, tighter labour market conditions seem to involve little or no disadvantage for students from less privileged social backgrounds.
Keywords: Higher education · Student jobs · Social origin · Labour market · Educational inequality
Ungleichheiten nach dem Hochschulzugang: Bedingungen des lokalen Arbeitsmarkts und soziale Ungleichheiten in der Erwerbstätigkeit von Studierenden
Zusammenfassung: Dieser Beitrag untersucht die Abhängigkeit der Studierendenerwerbstätigkeit von der elterlichen sozialen Klasse in Deutschland. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den lokalen Arbeitsmarktbedingungen und ihrem Einfluss auf den Umfang und auf die Qualität der Erwerbstätigkeit von Studierenden. Wir erwarten, dass sich die Verfügbarkeit von Stellen auf die soziale Ungleichheit in der Erwerbsarbeit auswirkt. Insbesondere gehen wir davon aus, dass der Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft mit dem Umfang und mit der Qualität von Erwerbsarbeit höher korreliert ist in Kontexten mit einem hohen Studierendenanteil, da hier die Konkurrenz um (gute) Stellen intensiver sein
sollte. Auf Basis der Daten des Konstanzer Studierendensurveys finden wir keine Unterschiede nach sozialer Herkunft in der Häufigkeit der Erwerbstätigkeit, allerdings in der Qualität der Arbeit gemessen an der Frage, ob sie einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Studium hat. Mit Hinblick auf die lokalen Arbeitsmarktbedingungen finden wir zwar einen Einfluss auf die Erwerbstätigkeit im Allgemeinen, verschärfte Wettbewerbsbedingungen scheinen entgegen unserer Erwartungen aber keinen Nachteil für Studierende mit einem nicht-privilegierten sozialen Hintergrund zu sein.
Schlüsselwörter: Hochschulbildung · Studierendenerwerbstätigkeit · Soziale Herkunft · Bildungsungleichheit · Arbeitsmarktbedingungen.
Selbstselektion beim Bezug des Betreuungsgeldes? Eine Analyse bezahlter und unbezahlter Arbeit von Müttern
Julia Höppner
KZfSS, 72. 2020: 81-108
Zusammenfassung: Das 2013 eingeführte und bereits zwei Jahre später wieder abgeschaffte bundesweite Betreuungsgeld gehörte zu den kontroversesten Themen der jüngeren deutschen Familienpolitik. Von Seiten politischer Akteure, die das Betreuungsgeld ablehnten, aber auch aus der Forschung wurde die Befürchtung geäußert, dass sich die Leistung negativ auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern auswirke und eine traditionelle Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Müttern und Vätern befördere. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Studien, die eine solche Wirkung des Betreuungsgeldes festgestellt haben. Allerdings ist bisher nicht geklärt, ob die gefundenen Effekte der Leistung kausaler Natur sind oder ob eine Selbstselektion der Bezieherinnen dafür ursächlich ist. Der Beitrag geht dieser Frage nach. Auf Basis der Erhebungswellen 2009–2017 des SOEP werden Mütter untersucht, die ausgehend vom Alter ihrer Kinder die Leistung hätten beziehen können oder dies getan haben. Für die Arbeitszeit, Hausarbeitszeit und Dauer der Kinderbetreuung werden hybride Modelle geschätzt, um die Veränderungen dieser drei Variablen bei Müttern mit und ohne Betreuungsgeldbezug im Zeitverlauf zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits vor der Geburt des Kindes signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen von Müttern bestehen, die auf eine Selbstselektion hinweisen.
Schlüsselwörter: Betreuungsgeld · Selbstselektion · Mütter · bezahlte und unbezahlte Arbeit
Is there self-selection in the receipt of cash-for-childcare? An analysis of mothers’ paid and unpaid work
Abstract: The German cash-for-childcare benefit, implemented in 2013 and abolished only two years later, was one of the most controversial issues in Germany’s family policy of the last years. Political actors opposing the benefit as well as researchers were concerned that the benefit would hamper mothers’ employment and support the traditional distribution of paid and unpaid work between mothers and fathers. And indeed, several studies have identified such effects of the benefit. However, it is not clear whether these effects were caused by the cash-
or by a self-selection of mothers who chose to receive the benefit. This paper deals with this question. Based on the waves 2009–2017 of the SOEP mothers are studied who could have received the cash-for-childcare benefit on the basis of their child’s age. For mothers’ working time in a paid job, time spent on housework, and on childcare, hybrid models are estimated to analyse the change of the three variables over time for mothers who did receive the benefits and those who did not but could have done so. The findings show that already before childbirth there are significant differences between the two groups, suggesting mothers’ self-selection.
Keywords: Cash-for-childcare · Self-selection · Mothers · Paid and unpaid work